Andrea, du bist Hausgeburtshebamme in Kehlheim. Im vorigen Post haben wir dich ein bisschen vorgestellt. Von dir habe ich den Satz gehört: "In der Geburtshilfe muss man sehr viel wissen, um nichts zu tun" - was meinst du damit?
Andrea: Frauen und ihre Kinder kann man unmöglich in Schubladen einsortieren denn in der Geburtshilfe ist die Spannbreite, was ist "normal", riesengroß. Und Situationen, die weder für Mutter noch Kind bedrohlich sind, aber halt ausser der Reihe, kann man dann viel leichter aushalten und einfach aussitzen wenn der eigene Wissenstand für jede Besonderheit (oder die meisten) ein Beispiel kennt, und sei es "nur" aus Erzählungen von Kolleginnen.
Dann finde ich es noch sehr interessant, wenn man den Blick offen hat, wie es in anderen Ländern läuft, z. B. Thema CTG-Dauerüberwachung, Einleitung usw. Zum Teil sind die Vorgehensweisen komplett anders und die Geburtshilflichen Zahlen sind auch nicht schlechter, z. T. sogar besser, als die deutschen Zahlen. Und das gibt mir in Grenzsituationen natürlich mehr Argumentationshilfe und Stabilität.
Bis vor kurzem hast du noch im Krankenhaus gearbeitet. Es gibt ja Frauen, die sagen "Oh Gott, nein, Krankenhaus." Eine natürliche Geburt dort sei unmöglich. Andere sagen: "Zu Hause gebären - viel zu unsicher!" Warst du froh, "deine" Frauen innerhalb des Krankenhauses und in nächster Nähe zu einem OP zu wissen?
Andrea: Was für eine schwere Frage, ich hoffe, Du erwartest keine kurze Antwort darauf. Ich habe ja in den verschiedensten Kliniken gearbeitet und kann heute sagen, wie die Geburten ablaufen hängt sehr vom "geburtshilflichen Geist" aller daran Beteiligten ab vom Chefarzt bis zur Hebamme. Ist die Grundeinstellung geburtsmedizinisch geprägt nach dem Motto, "Schwangere sind krank und Kranke werden heutzutage operiert", dann ist es sehr schwer, eine natürliche Geburt zu erleben. Tragen aber alle den Grundgedanken mit, "Frauen können Kinder kriegen, man muß sie nur lassen" dann ist auch im Krankenhaus eine für Schulmedizinstandards natürliche Geburt möglich, und da der OP hier sehr nahe ist, dann eben auch für Frauen, für die eine Hausgeburt ein zu großes Risiko wäre. Leider ist Geburtshilfe in der Anonymität der riesigen Geburtsabteilungen kaum mehr machbar, den leider leider wird der Glaubenssatz "Frauen können Kinder kriegen (sonst wären wir im Neandertal bereits ausgestorben)" flächendeckend von der Angst verklagt zu werden, verdrängt. Seien wir mal realistisch, wie viele Klagen wegen ungerechtfertigtem Kaiserschnitt gibt es in Deutschland? Mir ist bisher bloß eine bekannt.
Was ist das schönste bei einer Geburt für dich?
Andrea:..Das jede Geburt einzigartig ist. Und wenn dann bei der Frau in den Augen die Gewissheit aufleuchtet "Ich habe es wirklich geschafft!!!!", ich darf meini Kind in den Armen halten, das ist mit Worten schwer zu beschreiben.
Egal das wievielte Kind der Familie ankommt, jede Ankunft ist einmalig.
Liebe Andrea, danke für das kurze Gespräch!
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birgit birk (Sonntag, 05 Februar 2012 16:51)
haben soeben dein interview gelesen waren sehr beeindruckt.
gruß i und sie hans und birgit
Brandi Kellog (Samstag, 04 Februar 2017 19:10)
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